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06.10.2020

Energieversorger Innogy wird an E.ON verkauft

In der Kreisstadt erhalten die Einwohner derzeit Post

BAD NEUENAHR-AHRWEILER.

Aktuell erreichen die Stadtzeitung Leserinformationen, dass Einwohner von Bad Neuenahr-Ahrweiler vom Energieversorger innogy angeschrieben werden. Ihnen wird mitgeteilt, dass die innogy vom Weltkonzern e.on übernommen wurde. Alle Kunden der innogy sollen dadurch ungefragt zu e.on Kunden werden. Die Stadtzeitung nimmt das zum Anlass, den Sachverhalt im Gespräch mit Dominik Neswadba, Geschäftsführer der Ahrtal-Werke, einmal zu hinterfragen.

Stadtzeitung: Herr Neswadba, wir erhalten derzeit Anfragen von Einwohnern aus Bad Neuenahr-Ahrweiler. Viele Menschen sind aufgrund der aktuellen Ankündigung der innogy verunsichert. Was steht hinter diesem Schreiben?

Ahrtal-Werke: Die Ankündigung der innogy basiert auf dem Sachverhalt, dass die beiden Energieriesen rwe und e.on einen Milliardendeal getätigt haben. E.on übernimmt dabei das RWE Tochterunternehmen vollständig und erhält im Zuge dessen die Geschäftsbereiche Netze und Vertrieb inklusive aller Innogy-Kunden. RWE erhält im Gegenzug eine Beteiligung am e.on-Konzern sowie das Geschäft mit erneuerbaren Energien von e.on und Innogy. Dies entspricht einer weitreichenden Neuordnung der Energiebranche in Deutschland.

Stadtzeitung: Gibt es bei einem derartig umfangreichen Geschäft keine wettbewerblichen Bedenken? RWE und e.on waren zu Monopolzeiten bereits einzeln marktbeherrschend aufgestellt. Eine Zusammenführung beider Unternehmen dürfte die Marktmacht drastisch erhöhen?

Ahrtal-Werke: Die Bedenken sind vieler Orts ausgesprochen groß. Kritiker sehen aufgrund der resultierenden Marktmacht des Konzerns die Gefahr negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb. Deshalb haben mehrere Stadtwerke bereits eine Klage gegen die Genehmigung des Handels durch die EU-Kommission eingereicht. Die Befürchtungen scheinen nicht ganz zu Unrecht zu bestehen. Immerhin festigt e.on nach eigenen Angaben mit dem Geschäft seine Position in der Energiebranche mit mehr als 50 Millionen Kunden in 15 Ländern sowie mehr als 70.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nachdem jedoch die EU Kommission dem Milliardengeschäft zugestimmt hat, wurde die Firma innogy bereits von der Börse genommen und angekündigt, dass rund 5.000 Arbeitsplätze in dem Großkonzern entfallen sollen.

Stadtzeitung: Wie bewerten Sie als regionaler Energieversorger diese Entwicklung?

Ahrtal-Werke: Diese Frage ist vielseitig. Persönlich bedauere ich es ein wenig, dass es die RWE innogy in der Endkunden-belieferung nicht mehr gibt. RWE war in Bezug auf Strom und Gaskundenbelieferung ein Traditionsunternehmen, das wir seit unserer Kindheit kannten. Der Verkauf beendet somit ein Stück Historie. Besonders negativ sehen wir aber vor allem die Auswirkungen auf ehemalige innogy Kunden und somit viele Einwohner von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Wertschätzung, die der neue Konzern den Einwohnern von Bad Neuenahr-Ahrweiler entgegenbringt, wird auch durch das von Ihnen eingangs ins Gespräch gebrachte Anschreiben deutlich. Kunden wer-den in Kenntnis gesetzt, dass sie zukünftig e.on Kunden sind. Sie werden weder gefragt, noch wird Ihnen ein Mitspracherecht eingeräumt oder ein Alternativangebot unterbreitet. Kunden sollen es widerspruchlos hinnehmen. Auch zum regionalen Einzelhandel besteht keine Beziehung. Die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Bad Neuenahr-Ahrweiler wird demzufolge nicht oberste Priorität bei e.on haben. Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten einer Corona Pandemie zeigt sich aber, wie wichtig der regionale Zusammenhalt ist. Gab es zu einer RWE innogy eine langjährige Verbundenheit, hat der Weltkonzern e.on unseres Erachtens keinerlei Beziehung zu unserer schönen Stadt. Weder wurde jemals soziales Engagement vor Ort betrieben, noch verbleiben Einnahmen des e.on Konzerns in der Region. Fraglich erscheint mir sogar, ob die Führungsetage des Konzerns überhaupt weiß, wo Bad Neuenahr-Ahrweiler geographisch anzusiedeln ist. Vielleicht ist Anonymität einer der negativen Aspekte wenn man viele Millionen Kunden beliefert. Als Tochter der Stadt gehören wir den Einwohnern von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Deshalb haben Kunden bei uns einen anderen Stellenwert.

Stadtzeitung: Wodurch unterscheiden sich die Ahrtal-Werke von e.on?

Ahrtal-Werke: Zunächst leider im Umsatzvolumen und der Anzahl der Mitarbeiter. Aber Spaß beiseite. Unsere Vision ist es, ein Stadtwerk der Bürgerinnen und Bürger von Bad Neuenahr-Ahrweiler zu sein. Das beinhaltet auch, dass wir zunehmend Verantwortung in unserer schönen Stadt übernehmen wollen. Wir subsummieren darunter unter anderem, dass wir für unsere Kunden da sind. Wir wollen einen Beitrag in Bezug auf die Daseinsfürsorge sowie die wirtschaftlichen Entwicklung unserer Stadt leisten. Verantwortungsbewusst für nachfolgende Generationen treiben wir die Energiewende vor Ort voran. Ich denke, das folgende Zahlen unser Vorhaben eindrucksvoll belegen. Obwohl wir ein noch junges Unternehmen sind, ha-ben wir vergangenes Jahr rund 17,1 Millionen Euro in die Region investiert. Dabei vergeben wir etwa 80 Prozent unserer Bauleistungen vor Ort und fördern dadurch regionale Wertschöpfung. Regionale Partnerschaften sind uns in diesem Zusammenhang sehr wichtig, wie aktuelle Kooperationen mit der GrünCard oder der Landesgartenschaugesellschaft belegen. Wir steigern nachhaltig die Versorgungssicherheit, indem wir allein in 2019 mehr als 2,3 Mio. Euro in unser Stromnetz investiert haben. Durch unsere klimaneutrale Energieerzeugung sparen wir nachweislich mehr als 8.200 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Unsere ausgeprägte Verbundenheit zu unserer Stadt differenziert uns sicherlich deutlich von einem Weltkonzern. Gerne bieten wir deshalb im Übrigen denjenigen, die sich nicht einfach ungefragt zu e.on verkauft wissen wollen, eine Ahrtal-native.